Continentals in Germany




Die Deutsche EM-Geschichte:


von Dr. Viola Hebeler

 

In Deutschland hat es bislang 4 Europameisterschaften (Continentals) gegeben. Die erste, 1988 in Herborn, war noch sehr klein, und im Anschluss mit einem Hüteseminar durch den Richter Jim Easton verbunden. Es gab neben dem sogenannten „englischen“ Parcours noch einen Interbreed Parcours. Herbert Sehner und Jaff belegten den 4. Platz und waren „Best German Handler“.

 

Der Name Jim Easton ist untrennbar mit der kontinentalen Geschichte arbeitender Border Collies verbunden. Jim hat uns alle von Anfang an unterstützt, er war massgeblich daran beteiligt, dass es überhaupt ein Continental gibt. Diese dienten immer neben dem eigentlichen Wettkampf auch einem freundlichen und geselligen Treffen aller internationaler Handler. Bis auf ein einziges Continental, bei dem er krankheitshalber fehlte, hat er kein einziges versäumt, ist immer als Course Director an allen Tagen von morgens bis abends auf dem Feld gewesen, und er ist nach wie vor Chairman des Organising Commitees of the Continental Sheepdog Championship (CCSC), einem Zusammenschluss aller Teilnehmerländer, bzw. deren repräsentierender Vereine auf dem Kontinent. Weit später, als Chairman der ISDS, hat er die Idee eines World Trials, bei dem alle Nationen sich vergleichen können, unterstützt und innerhalb der ISDS für Zustimmung geworben.

 

Das zweite Continental in Deutschland fand 1992 in Wesel auf den Rheinwiesen statt. Es war schon weit größer, wenn auch die Ausmaße des Parcours sich für heutige Zeiten klein ausnehmen. Der Outrun, beispielsweise, war 250 m lang, wurde allerdings für das Finale etwas vergrößert. Im Unterschied zur Qualifikation musste ein markiertes Schaf gesingled werden. Die Arbeit mit diesen Schafen war nicht einfach, denn uns war vom Schäfer verboten worden, die Schwarzkopfschafe vorher einzuarbeiten - und so benahmen sie sich auch. Ohnehin war die Vor-Ort-Organisation für die Familien Awater und Hohendahl nicht einfach, denn damals war ein Trial noch viel exotischer und wir wurden von Schäfern teils noch als etwas merkwürdig angesehen. 5 Schafe zu treiben erschien vielen als Spiel und wurde nicht recht ernst genommen. Der Eigentümer des Feldes und des angrenzenden Campingplatzes war ein beeindruckender Mann mit einem ebensolchen Bart, und er war nie ohne zwei riesige Mastinos an seiner Seite zu sehen. 

Ich stellte an beiden Tagen (damals war am zweiten Tag genug Zeit für das Finale der damals noch besten 12 Läufe der Quali) die Schafe, und ab und an musste ich auch auf dem Treiben geflohene Schafe vom Rheinufer abräumen. Ein teilnehmender Hund war sich sicher, dass die Quertreiblinie über den Rhein ging und drückte die Schafe immer weiter ins Wasser, während meine Hündin „Mäusi“ im Rhein schwimmend versuchte, die Richtung umzukehren. Leider war das außer Sicht von Handler und Richter, und Walkie-Talkies hatten wir damals auch noch nicht…

In Erinnerung geblieben ist auch ein französischer Teilnehmer, der mit eine weißen Elektropin anstelle eines Crooks an den Start ging, und diesen bei den Versuchen, die eng zusammen stehenden Schwarzköpfe zu trennen, damit so hart auf den Boden schlug, dass er zerbrach und zuletzt nur noch ein kleines Ende übrig blieb. Johan de Jonge wollte so schwungvoll einpferchen dass er die Latte des Tores ab, an dem das Seil angebunden war, abriß. So musste erstmal das Seil lösen und an einer anderen Latte des Tores neu befestigen. Völlig cool reparierte er das Tor und pferchte anschließend seelenruhig weiter ein.

Tjitse Terpstra mit Boy gewann diese EM, und Anne Krüger mit Hope waren das beste deutsche Team.

 

Im Jahr 1999 waren wir wieder dran mit einem Continental. Diesmal ging es in den Harz zu Matthias Schüler nach Heimburg auf ein wunderschönes Gelände von 1 km Länge und 600m Breite. Inzwischen waren die Anforderungen an ein Continental erheblich gestiegen. Seit 1993 in der Schweiz gab es ein Double Gather Finale, wenn auch die Abmessungen erst 2004 britische Ausmaße erreichten. In Heimburg waren die Outruns im Finale 500 m lang. Das Shedden und Singlen markierter Schafe im Finale wurde 1996 in Dänemark das erste Mal durch einen internationalen Shed ersetzt, 5 markierte Schafe gab es erstmals 1997 in Holland.

Mit der stetig steigenden Teilnehmerzahl und immer mehr teilnehmenden Ländern stiegen auch die Anforderungen an die Schafzahl, die ein Veranstalter stellen musste. Auch die gesamte Logistik für den Campingbereich, das Catering und die Richter hatte ein mehrfaches Ausmaß von dem der ersten deutschen Continentals. So musste ein riesiger Generator her, der auch prompt mehrfach schlappmachte und häufigeren Notfalleinsatz erforderte. Wir verlegten Hunderte von Metern Wasserleitung, die mit Erdnägeln befestigt wurden - und nach der Veranstaltung natürlich sämtlich wieder entfernt wurden. 4 Wochen vor der Veranstaltung wurde unsere Schafherde wegen eines Chlamydienausbruchs im Winter davor gesperrt. Dem Amtstierarzt war das Risiko zu hoch, dass ein Hund ein Schaf beißen könnte, sich anstecken und dann zu Hause ein eigenes Schaf beißen könnte, und damit die Erkrankung verbreiten könnte. Es kostete zahlreiche Gespräche die Hierarchieleiter der Veterinärbehörden hoch bis zum Minister, um diese, sagen wir, übertriebene Vorsicht zu entkräften, aber da der Schäfer nicht seinen Amtstierarzt verärgern wollte, mussten wir doch 4 Wochen vorher noch schnell eine Ausweichherde finden. All dies sind die kleinen Freuden hinter der Organisation einer Europameisterschaft.

In Erinnerung geblieben sind bei allen Anwesenden die abendlichen Veranstaltungen. Besonders die Fete am Freitag ist in die Continentalgeschichte eingegangen. Es gab Tanz bis zum Morgengrauen, bei dem tatsächlich auch die Teilnehmer noch beteiligt waren. Das Galadinner war für uns Verantwortliche eher schrecklich, weil mehr Tickets verkauft worden waren als Portionen auf dem Buffett standen. So haben wir gar nichts gegessen, obwohl wir selbstverständlich bezahlt hatten. Das Trial lief gut ab, und wieder gewann Tjitse Terpstra, diesmal mit Dan. Deutschland war offenbar ein gutes Pflaster für ihn.

Speziell in Heimburg war auch die Aversion vieler Besucher, Eintritt zu bezahlen. Das war uns ganz neu, und die Mitglieder am Eingang hatten teilweise arg zu leiden. Dies galt auch für diejenigen, die einen Feldweg quer über das Trialfeld absperren mussten. Hier gab es ungewohnt viele Uneinsichtige, und alle damals Anwesenden werden sich an einen Jäger mit seinen Dackeln erinnern, der darauf bestand, dass er heute wie sonst auch immer, genau diesen Weg nähme. Auch während eines Continental Finales…

 

Das bisher letzte deutsche Continental fand 2008 in Wittbek bei Ahrenviöl statt. Es war nun nochmals größer geworden, und wir brauchten 500 gleichmäßige Schafe, die uns von Wolfgang Albertsen zur Verfügung gestellt worden. Wolfgang ist ohnehin zu danken, dass er sich auf der 2007er EM in Norwegen breitschlagen ließ, das Continental mit zu veranstalten. Eigentlich hätte es in der Lüneburger Heide stattfinden sollen, aber bei meinem letzten Besuch vor Ort auf dem Weg nach Norwegen zerschlugen sich die Pläne aufgrund von plötzlich aufgetretenen Terminschwierigkeiten und anderen Problemen. Das war nicht schön, denn üblicherweise stellt der Verantwortliche des nächsten Continental die Planung auf der Sitzung des CCSC vor. Aber das Schicksal hatte ein Einsehen und mit der Zusage aus Schleswig-Holstein war alles gerettet und eine professionelle Vorbereitung gesichert. Letztendlich war es also ein gutes Schicksal, das hier am Werk gewesen war…

Das Vor-Ort-Organisationskomitee (OK genannt), der Vorstand, aber auch die 100 (!) anderen, mit hohem Engagement beteiligten Mitglieder leisteten extrem gute Arbeit, und das Trial wurde von allen Teilnehmern hoch gelobt. Leider machte uns das Wetter einen dicken Strich durch die Rechnung. Diese Europameisterschaft ging als „Schlammschlacht von Wittbek“ in die Annalen ein. Neben den finanziellen Verlusten durch fehlende Zuschauer, verbrauchten wir auch viel zusätzliches Geld für Hackschnitzel und die berühmten Teppiche, die verteilt, bzw ausgelegt wurden, um eine Einfahrt in die Parkplätze und die Fortbewegung zwischen Eingang und Feld ohne kniehohe Gummistiefel zu ermöglichen. Eckhard Sievers gebührt nach wie vor ein Verdienstorden, denn ihm gelang es, im Vorfeld 40.000 Euro an Sposorengeldern einzuwerben, ohne die das Continental die ABCD ruiniert hätte.

 

Der einzige, kleine technische Fehler war, dass der Exhaust Pferch sehr weit entfernt war. Dadurch verloren wir durchs Abräumen viel Zeit, und ich musste mir von den Briten ungewohnt deutliche Kritik anhören. Glücklicherweise hatten wir einen flexiblen Caterer. An den abendlichen Aufbau des Finalparcours im wie aus Eimern schüttenden Regen, wobei die Richter mir vertrauensvoll das Aufstellen der Pfosten für beide Schafgruppen überließen, um nicht selbst laufen zu müssen und wenigstens noch kurz duschen zu können, dem schnellen Umziehen in meine eigene „Gala“kleidung im und neben meinem Auto und an die anschließenden Reden und Smalltalk mit den Ehrengästen mit klatschnasser, improvisierter Frisur habe ich noch lebendige Erinnerungen.

Die Stimmung unter den vielen ABCD Helfern war unglaublich gut, und die extremen Schwierigkeiten durch das Wetter, vor allem für die vielen Parkplatzhelfer, schien alle umso mehr zusammenzuschweißen. Unvergesslich wird auch der Abbau bleiben, bei dem die vielen, ca. 20 im Schlamm der Parkplatzeinfahrten versunkenen, nassen Teppiche von Hand geborgen werden mussten.

 

Dieses Continental konnte sich vom Schwierigkeitsgrad mit den ganz großen Trials messen, und es fand in Henrik Nilsson mit Bozz (Schweden) einen würdigen Champion. Mit dem Zweiten Jo-Agnar Hansen und dem Dritten Jaran Knive (beide aus Norwegen) zeigte sich einmal mehr die skandinavische Dominanz. Die Teamwertung geht in den letzten Jahren nahezu routinemäßig nach Norden, was sicherlich auch mit der dort üblichen Schafhaltung zu tun hat, die sehr gut ausgebildete Hunde erfordert, die es zudem gewohnt sind, auf große Distanzen zu arbeiten.

 

Irgendwann in den nächsten 5 Jahren sind wir wieder dran, und dann heißt es, wieder ein schönes Continental aus dem Boden zu stampfen, das dann auch wieder zu unvergesslichen Erinnerungen Anlass bieten wird…